Unsere Ratsfrau, Roze Özmen, wurde von der Neuen Regionalen zu Ihrer Arbeit im Rat befragt. Hier das Interview zum nachlesen:
- Wie sind Sie in den Rat gekommen und was hat Sie bewogen dafür zu kandidieren?
Ich bin von Natur aus eine sehr neugierige Person und habe großes Interesse an meinen Mitmenschen, meinem Umfeld und was um mich herum passiert.
Meine Familie spielt für mein Engagement eine immens große Rolle. Nachdem ich Mutter wurde, habe ich mich in vielen Vereinen, Gremien und auch Schulaktivitäten eingebracht. So konnte ich vieles mitgestalten und hatte zudem große Teilhabe am Leben meiner Kinder. Durch meine Ehrenämter kam ich in Kontakt zur Verwaltung und zum Gemeinderat, was wiederum mein Interesse an der Kommunalpolitik weckte. So reifte in mir schnell der Entschluss, mich auch kommunalpolitisch einzubringen.
Für mich sind Freiheit, liberales Gedankengut und Toleranz sehr wichtig. Die liberale Politik ist für mich eine Herzensangelegenheit, weil ich die Unterdrückung und die Intoleranz am eigenen Leibe erlebt habe. Daher habe ich mich ganz bewusst für die FDP entschieden.
Ich wurde 2009 als erste Suryeyto (Aramäerin) überhaupt im Kreis Paderborn in einen Gemeinderat gewählt und vertrete seither die FDP Delbrück als Ratsfrau. Ich stehe für eine familienfreundliche Politik ein. Eltern und ihre Kinder brauchen mehr Wertschätzung und Unterstützung! Kinder sind eine Bereicherung, privat wie gesellschaftlich.
Grundsätzlich möchte ich für die Gesellschaft etwas bewegen und mich stark machen für ein besseres Miteinander. Mit Fleiß, Mut und Aufrichtigkeit kann man vieles schaffen – ohne Quote und Regulierung, sondern mit Herz und Verstand!
- Wie viel Zeit wenden Sie für die Ratsarbeit auf? An welcher Stelle in der Freizeit knapsen Sie diese Zeit ab?
Für die reine Ratsarbeit benötige ich durchschnittlich 5 Stunden in der Woche, was aber auch davon abhängt, wie lang die Tagesordnung ist und wie viele Rats- oder Ausschusssitzungen anstehen. Das ist also sehr individuell, insbesondere wenn es in die Haushaltsberatungen geht kommen sehr schnell noch mehr Stunden zusammen.
Die Politik findet meiner Meinung nach aber nicht nur in Fachausschüssen oder in den Ratssitzungen statt, sondern beginnt im Alltag. Daher bin ich nach Möglichkeit auf vielen Veranstaltungen präsent und nutze die vorhandenen Plattformen um mein Netzwerk zu erweitern, Menschen kennenzulernen und mit Ihnen über Gott und die Welt zu sprechen. Das macht sehr viel Spaß und ist für die politische Arbeit wichtig. Nach der Geburt meiner drei Kinder bin ich mit einer halben Stelle, 21 Std./Woche in meinen Beruf zurückgekehrt. Mittlerweile sind meine Kinder erwachsen und stehen auf eigenen Füßen. Somit habe ich Zeit für meine Familie, Hobbys, meine Ehrenämter und auch mal für mich.
- Die Räte sind vor allem männlich und alt. Warum engagieren sich so wenig Frauen und junge Menschen in der Ratsarbeit?
Gerade für die politische Arbeit vor Ort sind aus meiner Sicht ausgeglichene Räte wichtig, die ein Abbild der Gesellschaft bilden – also mit Männern wie Frauen, Jung und Alt und auch verschiedenen Nationalitäten besetzt sind.
Ich selbst bin aber auch erst vor rund 10 Jahren, also mit Ende dreißig in die Politik gegangen, da ich mich vorher um Familienplanung, um meine Kinder und auch mein berufliches Weiterkommen kümmerte. Von daher kann ich es sehr gut nachvollziehen, wenn gerade jüngere Menschen zunächst andere, aus ihrer Sicht wichtige(re) Bereiche verfolgen. Neben Beruf, Familie, Freunden und Vereinen bleibt da wenig Zeit über (und womöglich auch wenig Energie, sich nach einem anstrengenden Arbeitstag anstatt aufs Sofa in den Gemeinderat zu setzen). Wichtig finde ich es aber, dass man sich beispielsweise als junger Mensch dennoch politisch interessiert und weiß, was im eigenen Lebensumfeld politisch vor sich geht. Das habe ich auch meinen Kindern vermittelt, bei uns im Hause wurde oft über Politik und das „Delbrücker Geschehen“ geredet.
Selbst wenn man sich nicht direkt in einen Gemeinderat wählen lassen möchte oder kann, gibt es Möglichkeiten, sich mit weniger Zeitaufwand politisch zu engagieren – beispielsweise als sachkundiger Bürger oder in anderen Gremien. So ist man trotzdem im Geschehen und die jüngere Generation, die Frauen usw. sind politisch mehr vertreten. Auf diesem Wege bin ich ja schließlich auch zur Kommunalpolitik gekommen.
- Wie glauben Sie, lassen sich mehr Menschen für die Ratsarbeit begeistern.
Gerade die Kommunalpolitik ist keine weit entfernte politische Ebene, sondern bestimmt ganz konkret das Leben und die Lebensbedingungen vor Ort. Sie bestimmt über die Entwicklung von Schulen, Kindergärten, Einkaufsmöglichkeiten, Vereinen, neuen Baugebieten. Es gibt wohl keinen politischen Bereich, in welchem man so direkte Auswirkungen des eigenen Engagements sehen kann. Das bringt Freude, aber natürlich erfordert es auch Einsatz. Denn selbstredend bringt die Ratsarbeit neben schönen Momenten auch Stress und es läuft nicht immer so, wie man es sich vorstellt. Vielleicht wird dieses öffentliche Ehrenamt auch nicht genug geschätzt.
Wir als aktive Ratsmitglieder müssen noch mehr vermitteln, wie wichtig die Kommunalpolitik für eine gute Zukunft des eigenen Lebensumfelds ist und das sie vom gesellschaftlichen Engagement lebt. Glaubwürdigkeit, Bürgernähe und die Tatkraft der Politiker spielen dabei eine große Rolle. Daher wünsche ich mir mehr mutige, neugierige und interessierte Politiker, damit wir mit positivem Beispiel vorangehen können und mehr Menschen für eine aktive Kommunalpolitik gewinnen.